Exkursion ins Ruhrgebiet: Eine Reise durch die industrielle Geschichte
Am 09.05.2023 unternahmen die Erdkundekurse der Q1 unserer Schule eine aufregende Exkursion ins Ruhrgebiet. Früh morgens um 7:20 Uhr trafen wir uns am Maspernplatz und um 7:35 Uhr begann die Fahrt in Richtung des Ruhrgebiets, das für seine beeindruckende industrielle Vergangenheit, inzwischen aber vor allem für seinen darauffolgenden Strukturwandel bekannt ist.
Nach einer zweistündigen Fahrt war es Zeit für eine kurze Pause beim Regionalverband Ruhr in Essen. Dort stießen auch die Reiseführer zu der Gruppe, die uns mit spannenden Geschichten und Informationen über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Region versorgten.
Unser erstes Ziel war das Zentrum der Stadt Essen, das von hohen Gebäuden und zahlreichen Dienstleistungen geprägt ist. Mit der steigenden Nachfrage nach Stahlprodukten im Laufe des 19. Jahrhunderts, insbesondere für die Eisenbahnindustrie, erlangte vor allem die Stahlfabrik Alfred Krupp eine immer größere Bedeutung. Die Mechanisierung ermöglichte zudem den verstärkten Abbau von Kohle und lockte Arbeitskräfte in die Region. An den Zechen und Stahlwerken entstanden Siedlungen, die im Laufe der Zeit zu Städten heranwuchsen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Region durch den Aufbau von Universitäten einen weiteren Impuls. Das Zentrum von Essen ist heute ein Verkehrsknotenpunkt mit vielfältigen Angeboten. Die einst vorherrschende Industrie entwickelte sich zunehmend zum Dienstleistungssektor.
Um 10:30 Uhr besuchten wir die Zeche Zollverein in Essen. Dort erhielten wir eine Einführung in die Geschichte des Standorts und erfuhren, wie er heute genutzt wird. Früher wurde im Süden des Ruhrgebiets Kohle abgebaut und über die Ruhr für den Export transportiert. Die Fettkohle wurde zu reiner Kohle verarbeitet und über die Eisenbahnlinie Rhein-Weser transportiert. Das Wahrzeichen des Geländes ist der Ehrenhof.
Während der beiden Weltkriege wurde Eisen und Stahl für militärische Zwecke genutzt, was zu einer Zerstörung der Anlagen im Zweiten Weltkrieg führte. Ab 1926 entstand auf dem Gelände ein neuer architektonischer Stil, die Neue Sachlichkeit.
Die Gelsenkirchener Bergwerk AG spielte eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Industrieanlagen. Die Ästhetik des Geländes ist bemerkenswert und der Architekt Fritz Schupp hat einen bedeutenden Beitrag dazu geleistet.
Wir wurden zudem darüber informiert, dass der Kohleabbau nach einer Zeit nicht mehr lukrativ war, da importierte Kohle aus dem Ausland sich als günstiger erwies. Lange Zeit wurde der Kohleabbau in Deutschland aber subventioniert. Die Zeche wurde letztendlich 1986 stillgelegt und dient nun als Denkmal. Im Jahr 2001 wurde die Zeche Zollverein von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Auf dem Gelände befinden sich heute u. a. das Ruhrmuseum, das Red Dot Design Museum und es gibt kostenlose Freizeitangebote wie im Winter eine Eisbahn, im Sommer ein Schwimmbad und Kulturveranstaltungen. Die Folkwang Universität der Künste hat ebenfalls ihren Standort hier.
Außerdem wurden wir darüber aufgeklärt, dass die gesamte Region durch den Kohleabbau absank und sich deshalb zum Teil unter dem Wasserspiegel befindet, weshalb regelmäßig das Grundwasser abgepumpt werden muss.
Als letztes sahen wir uns die Kokerei in der Zeche Zollverein an, bevor die Weiterfahrt zu unserem nächsten Ziel anstand. Nach unserem Aufenthalt auf der Zeche Zollverein machten wir uns auf den Weg zum Tetraeder in Bottrop, obwohl dieser eigentlich nicht mit dem Bus zu erreichen ist. Eine Sondergenehmigung ermöglicht uns aber die Auffahrt bis fast ganz oben.
Beim Tetraeder angekommen sahen wir zahlreiche Halden, die aus taubem Gestein bestanden. Diese Halden wurden im Laufe der Zeit durch den Bergbau aufgeschüttet und haben so eine eigene Berglandschaft geschaffen. Bevor sie zugänglich gemacht werden konnten, mussten sie erst gesichert werden, da teilweise noch giftige Gase aus dem aufgeschütteten Material entwichen.
Außerdem konnten wir verschiedene Chemiefabriken, Gasometer, Kokereien und sogar eine Skihalle sehen. Diese Halden als Zeichen der industriellen Vergangenheit werden heute für andere Zwecke genutzt. Einige der Halden werden beispielsweise für den Bau von Solarkraftwerken und Windkraftanlagen verwendet. Es gibt auch Kunstinstallationen, die die Verbindung zwischen dem Tetraeder und dem Bergbau symbolisieren.
Das Tetraeder selbst ist ein markantes Symbol für die Region. Die Form leitet sich von der chemischen Formel CH4 ab, bei der Kohlenstoff und vier Wasserstoffatome beteiligt sind. So erinnert die Form des Tetraeders an die Bergbauvergangenheit und ist ein bedeutendes Wahrzeichen in der Region.
Nachdem wir den Tetraeder bestiegen haben, ging es für eine Mittagspause in das Centro in Oberhausen. Während unserer Fahrt dorthin kamen wir auch an einigen Zechensiedlungen vorbei und konnten die architektonischen Merkmale der Nachkriegsbebauungen erkennen. Das Bevölkerungswachstum bis zum Ersten Weltkrieg führte dazu, dass die Menschen so nah wie möglich an ihrem Arbeitsplatz leben wollten, ohne Rücksicht auf Stadtgrenzen zu nehmen, daher liegen alle Städte im Ruhrgebiet nah beieinander und sind durch die Verkehrsnetze gut erreichbar.
Nach einer zwanzigminütigen Fahrt erreichten wir das Centro in Oberhausen. Das Centro ist ein großes Einkaufszentrum, dessen Eröffnung den Einzelhandel in der Umgebung gefährdete. Wir hatten eine Stunde Zeit, um uns zu stärken und das Angebot des Einkaufszentrums zu erkunden. Außerdem konnten wir jetzt den Gasometer sehen, den wir zuvor vom Tetraeder aus beobachtet hatten und der heutzutage als Ausstellungsort dient.
Nach der Pause setzten wir unsere Exkursion fort und fuhren nach Duisburg. Um 14:20 Uhr erreichten wir den Landschaftspark Duisburg-Nord, der auf dem Gelände eines ehemaligen Hochofens für die Herstellung von Roheisen mit Koks errichtet wurde. Die Kohle und die Weiterverarbeitung von Koks waren für diesen Prozess unerlässlich. Der Landschaftspark bietet heute vielfältige Freizeitmöglichkeiten, darunter einen Hochseilpark in der Gießhalle, Tauchunterricht im Gasometer sowie ein Sommerkino und Veranstaltungshallen.
Statt die alten Industrieanlagen abzureißen und neu zu bauen, wurde das Gelände für einen neuen Zweck genutzt. Diese innovative Neugestaltung erhielt Anerkennung und der Park wurde vom Guardian ausgezeichnet.
Während unseres Besuchs hatten wir die Gelegenheit, die Hochofenanlagen zu erkunden. Uns wurde erzählt, dass die Arbeitsbedingungen in der Vergangenheit für diejenigen, die an der Verarbeitung des Roheisens und in den Zechen arbeiteten, sehr schlecht waren. Es gab eine hohe körperliche Belastung und die Lebenserwartung war gering.
Nach der Besteigung des Hochofens konnten wir noch die spielerischen Seiten des Parks genießen und einige Rutschen ausprobieren. Nach einem ereignisreichen Tag begaben wir uns dann auf die Rückfahrt, die etwa zwei Stunden dauerte. Während dieser Zeit hatten wir die Möglichkeit, über die Erlebnisse und Eindrücke des Tages zu reflektieren und den Tag angenehm ausklingen zu lassen.
Die Exkursion durch das Ruhrgebiet war eine faszinierende Reise durch die Geschichte und die Veränderungen der Region. Vom industriellen Erbe über die Transformation ehemaliger Industriegebiete zu neuen Zwecken bis hin zu den Freizeitmöglichkeiten und Auszeichnungen des Landschaftsparks bot die Exkursion einen umfassenden Einblick in die Vielfalt und den Wandel dieser faszinierenden Region.
Raya Al Chaer (Q1)