Georg Büchner: „Leonce und Lena“ – Eine Rezension
„Wer arbeitet, ist ein subtiler Selbstmörder“- diese Worte führten den Zuschauer durch das gut zweistündige, modern inszenierte Lustspiel „Leonce und Lena“ von Georg Büchner.
So auch uns, den Deutsch LK der Q2. Direkt hineingeworfen in das bunte und chaotische Treiben auf der Bühne wurde der Zuschauer mit den alltäglichen Problemen des Protagonisten konfrontiert.
Von gähnender Langeweile geplagt lebt Prinz Leonce (überzeugend gespielt von Robin Berenz) vom Königreich Popo durch den Tag. Abwechslungen bieten dabei nur tägliche Wortgefechte und Späße mitseinem aufgeweckten Freund Valerio (unterhaltsam dargestellt von Ogün Derendeli). Dies endet allerdings schlagartig, als sein Vater, der zerstreute König Peter (treffend verkörpert von Max Rohland) eine Ehe mit der Prinzessin Lena (gespielt von der eher wenig gesehenen Gesa Köhler) vom Königreich Pipi arrangiert. Um der Zwangsheirat zu entkommen, flieht Leonce mit Valerio nach Italien und führt dort ein unbeschwertes Leben. Doch auch Lena will sich der Hochzeit entziehen und reist mit ihrer couragierten Gouvernante (Josephine Mayer) ebenfalls dorthin. Wie es der Zufall so will, lernen sich die beiden, ohne zu wissen, wer ihr Gegenüber ist, kennen und lieben. Nachdem Valerio den verzweifelten Leonce gerade noch von einem Selbstmordversuch abhalten konnte, beschließt Leonce die unbekannte Lena zu heiraten. Dafür stellt Valerio dem inzwischen aufgewühlten König die Verliebten als lebensechte Automaten vor, welche an Stelle der verschwundenen Königskinder heiraten sollen. Nach dem Jawort und der Enthüllung ihrer wahren Identität, übergibt der König seinem Sohn die Krone, welcher die Utopie eines Landes ohne Arbeit entwirft.
Das zunächst verwirrende Chaos auf der Bühne, in das sich der Zuschauer erst einmal hineindenken musste, spiegelte sich in den zu einer modernen Interpretation passend gewählten Kostümen im Punk-Style und absurd wirkendem Verhalten der Charaktere wider. Zum Teil war die Darstellung einzelner Szenen zwar etwas übertrieben, aber insgesamt konnte uns die schauspielerische Leistung der Darsteller überzeugen. Besonders gefallen hat uns Max Rohland, der die Rolle des vergesslichen und schusseligen Königs sehr glaubhaft und karikierend gespielt hat.
Ebenfalls beeindruckt hat uns, wie mit wenig Mitteln eine so große Wirkung erzielt werden konnte. Nur durch eine drehbare Kulissenwand, ein Metallgerüstund eine überschaubare Anzahl an Requisiten - größtenteils Plastikpflanzen, die immer wieder durch die Gegend getragen und geworfen wurden - wurdeder Zuschauer in eine andere Welt entführt.
Eine kleine Bühne (das Studio des Theaters Paderborn) und die Bemühungen der acht Schauspieler, das doch eher reservierte Publikum in das Geschehen miteinzubeziehen, trugen zu einer größeren Nähe zwischen Darstellern und Zuschauern bei.
Musikalische Gesangseinlagen zwischendurch sorgten für mehr Abwechslung und insgesamt eine lockerere Atmosphäre.
Die oft sinnlos erscheinende Sprache und das eher fremd wirkende, absurde Auftreten der Figuren während dieser Komödie zeigen Büchners Intention des Stückes: Er kritisiert die damalige Gesellschaft, insbesondere den willkürlich herrschenden, auf Nichtstun und Langeweile fixierten Adel. Das Stück führt dem Zuschauer die Dummheit und Sinnlosigkeit der karikaturhaft wirkenden Gesellschaft und der deutschen Kleinstaaterei vor Augen.
Darüber bleibt nun Zeit zum Denken, wie es auch der König nach seiner Abdankung vorhatte.
(Linn Hoppe/Felicitas Schoch, Q2)