„Stadt der Dichter und Denker“ – Weimar-Exkursion der Leistungskurse Geschichte und Deutsch
Es gäbe wohl kaum ein besseres Reiseziel innerhalb Deutschlands, das sich für eine Exkursion des Geschichte- und Deutsch-Leistungskurses anböte, als die thüringische Stadt Weimar. Beinamen wie die „Stadt der Klassik“ oder aber „Stadt der Dichter und Denker“ lassen keine Zweifel daran zu, dass man deutscher Kultur und Geschichte an diesem Ort unmöglich aus dem Weg gehen kann.
So tauchten auch wir bei strahlendem Sonnenschein in die Lebenswelt zweier literarischer Größen ein, die bis heute vor dem Deutschen Nationaltheater Weimars bereitwillig für touristische Gruppenfotos zur Verfügung stehen. Natürlich konnten wir es uns ebenfalls nicht nehmen lassen, im Rahmen der ersten Stadterkundung, nett in die Kamera lächelnd, zu posieren. Damit es jedoch nicht bei dieser eher oberflächlichen „Begegnung“ mit Goethe und Schiller blieb, standen vielfältige Programmpunkte an, die unsere Begleiter Frau Straub, Herr Heger und Herr Wehrmann getreu dem wohlbekannten Zitat, „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, zusammenstellten. (Letztendlich wurde aber dann immer doch gewartet, bis alle Schülerinnen und Schüler beim jeweiligen Treffpunkt eingetrudelt waren.)
Während uns also durch ein Seminar zum „Medienmythos Faust“, die Besichtigung des Wohnhauses Schillers sowie im Vorfeld ausgearbeitete Kurzvorträge die häufig mit Weimar assoziierten, kulturellen Aspekte aufgezeigt wurden, so offenbarte sich unter anderem durch das Seminar „Weimarer Klassik im Nationalsozialismus“ die andere, dunkle Seite der Medaille.
Sehr anschaulich war in diesem Zusammenhang eine etwas andere Stadtführung, die uns einen Blick hinter die Fassade einer zum Teil inszenierten Stadtgeschichte werfen ließ: Goethe und Schiller mögen zwar ein hervorragendes Fotomotiv abgeben – vergessen oder aber verdrängt wird häufig der Fakt, dass auch das NS-Regime diese Stadt als Inbegriff der „reinen, deutschen Kultur“ und nicht zuletzt ihre bekanntesten Literaten, bzw. deren Werke, zu instrumentalisieren wusste. Seien es die Versammlungen der Nationalsozialisten auf dem Marktplatz oder vor dem Theater Weimars, sei es der Missbrauch von Schillers „Wilhelm Tell“ zu propagandistischen Zwecken – dieser Teil der Geschichte muss unbedingt mitgedacht werden, wenn man durch die überschaubaren Gässchen der Weimarer Altstadt flaniert.
Zum Abschluss unserer Exkursion erfuhren wir im Konzentrationslager Buchenwald, wenige Kilometer von der Stadt entfernt, was nämlich geschieht, wenn man vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit die Augen verschließt. Wenn man wie die Bevölkerung Weimars zur Zeit der NS-Herrschaft steif und fest behauptet, man wisse von all dem grausamen Elend direkt vor seiner Haustür nichts. Denn unter diesen Umständen können Taten begangen werden, für deren Grausamkeit es keine treffenden Worte gibt.
Ein Film mit Zeitzeugenberichten und sehr gut vorbereitete Präsentationen des Geschichtskurses lieferten einiges an Hintergrundwissen, das uns wiederum eine erste Annäherung, ganz ohne professionelle Führung, an die kaum fassbaren Geschehnisse ermöglichte. Besonders eindrücklich waren zudem Absurditäten, beispielsweise, dass sich Zaun an Zaun mit Elend, Hunger und Tod ein kleiner Zoo für die SS-Offiziere und ihre Familien befand, die sich dort in ihrer Freizeit unbeschwert vergnügten.
Mit der bedrückenden Last dieser Impressionen wurde uns im Anschluss bewusst der Freiraum gelassen, um allein oder in Kleingruppen das weitläufige Gelände zu besichtigen und mit vertrauten Personen ggf. über das Gesehene zu sprechen.
Ehe wir den Rückweg antraten, versammelten wir uns für eine Schweigeminute am Buchenwald-Mahnmal und gedachten sowohl all derer, die durch die NS-Ideologie leiden und sterben mussten, als auch derjenigen, die in der heutigen Zeit Opfer von Krieg und Faschismus sind.
Nach dieser sehr bewegenden Erfahrung neigte sich eine lehrreiche und prägende Exkursion bereits dem Ende zu. Trotz des, von Herrn Heger eigens so betitelten, „straffen“ Programms gab es auch immer wieder Freiräume, in denen man vermutlich eine der letzten Auszeiten vor der anstehenden „heißen Phase“, in Cafés sitzend oder durch den Park an der Ilm spazierend, genießen konnte.
An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bedanken, dass uns diese letzte gemeinsame Fahrt, auch wenn sie sicherlich mit einigen Herausforderungen verbunden war, ermöglicht wurde!
Johanna Weinert, Q2