Liberté, Égalité, Amitié: Ein Frankreich-Austausch im Zeichen der Freundschaft
Grau, etwas dunkel, leichter Nieselregen. Wir stehen vor einem großen Portal, auf dem Querbalken stehen fünf Buchstaben: É.S.A.A.T. Am Eingang ein eisernes Tor, mit einer Key-Card gelangt man auf einen großen Innenhof. Wir gehen den überdachten Weg entlang in eine kreisförmige Eingangshalle.
Eine lebendige Atmosphäre; große Stufen mit vielen Schüler:innen, jede:r mit eigenem Style. Wir hören den Schulgong: eine fast spielerische Melodie. Aber ganz zum Anfang:
Im Schuljahr 22/23 knüpfte unser damaliger EF-Französischkurs bereits erste Kontakte mit der Schule in Roubaix. Unter der Leitung von Frau Hartmann-Bode wurde online eine Anzeige geschaltet, um eine Partnerschule in Frankreich zu finden, die Interesse an einem internationalen Austausch hatte. Das E.S.A.A.T meldete sich daraufhin und alle interessierten Schüler:innen erhielten einen Brieffreund oder eine Brieffreundin zugeteilt. Nach intensiver Planung und Vorbereitung hatte der Q1-Kurs, unterstützt von einigen ehemaligen Mitgliedern des EF-Kurses, schließlich die Möglichkeit, gut eine Woche lang, vom 16. bis zum 22. Februar 2024, die Reise nach Frankreich anzutreten.
Diese Reise begann am neuen Hauptbahnhof in Paderborn. Mit dem Zug geht es über Köln, Brüssel und Lille nach Roubaix, einer kleinen Stadt im Norden Frankreichs.
Am ersten Abend besuchte ich gemeinsam mit meinem corres ein Konzert der französischen Sängerin Adèle Castillon. Das Konzert fand im „Le Splendid“ im Herzen von Lille statt.
Von sportlichen Aktivitäten wie Volleyball, Bowling und Skifahren bis hin zu kulturellen Veranstaltungen wie Bingo, die örtliche Kirmes und Museumsbesuchen, war an diesem Wochenende alles dabei.
Besonders war auch der Sonntagabend. Wir trafen uns mit ein paar Austauschschüler:innen, um gemeinsam Crêpe zu essen und Spiele zu spielen. Es war schön zu sehen, dass wir uns, trotz der Sprachbarriere, so gut verstanden haben und gemeinsam großen Spaß haben konnten.
Nach dem sehr spannenden Wochenende mit unseren Gastfamilien begann für uns am Montag das erste Mal der Schulalltag in Frankreich. Ursprünglich war für uns von 8 bis 9 Uhr Unterricht angesetzt, doch wie es sich herausstellte, ist die Situation in Frankreich ähnlich wie in Deutschland: Der Unterricht meiner correspondante fiel aus. Also trafen wir uns gegen neun Uhr, um gemeinsam zur Metrostation zu gehen. An diesem Tag stand der Besuch der Stadt Lille auf dem Programm. Mit der fahrerlosen Metro fuhren wir etwa eine halbe Stunde, um in Lille anzukommen. Dort erwartete uns zunächst eine Stadtführung. Nach der Erkundung der wunderschönen Stadt hatten wir noch Zeit für uns, um entweder etwas zu essen oder ein paar Geschäfte zu besuchen. Im Regen kehrten wir dann nach Roubaix zurück, wo wir den Abend mit unseren Gastfamilien verbrachten.
Die nächsten beiden Tage stand wieder Unterricht auf dem Plan.
Nach dem Unterricht besuchten wir verschiedene Museen, darunter „La Manufacture“, ein Museum zur Geschichte von Roubaix, und das berühmte Vélodrom, das von dem aufregenden
Radrennen in Roubaix erzählt, bei dem die Radfahrer:innen teilweise über sehr anspruchsvolle Strecken mit Kopfsteinpflaster fahren und schließlich im Vélodrom in Roubaix ankommen. Am Mittwoch besuchten wir zudem das Museum „La Piscine“, das einst ein Schwimmbad war und sogar eines der ersten öffentlichen Schwimmbäder in Frankreich überhaupt. Da dies so besonders war, entschieden wir uns, das Museum am Abend erneut zu besichtigen, um noch mehr zu entdecken.
Die E.S.A.A.T. ist eine Schule mit einem starken Fokus auf Kunst, weshalb die Schüler:innen bis zu 14 Stunden Kunstunterricht pro Woche haben. Der Unterricht war jedoch insgesamt ganz anders gestaltet als bei uns. Die Schüler:innen arbeiteten meistens an Projekten, an denen sie die gesamte Unterrichtsstunde über arbeiteten. Es wurde also deutlich weniger an der Tafel unterrichtet. Das Mittagessen nahmen alle in der großen Schulmensa ein, für das man jedoch zuerst eine halbe Stunde anstehen musste. Das Warten hatte sich jedoch gelohnt, denn das Essen bestand aus insgesamt drei Gängen: einem Salat, dem Hauptgericht und einem Nachtisch – alles sehr lecker. Über unsere Erfahrungen in der Schule berichteten wir auch in einem Podcast, den wir an einem Nachmittag gemeinsam aufnahmen.
Besonders schön empfand ich jedoch den letzten Abend mit meiner Gastfamilie, bei dem wir gemeinsam französische Kinderlieder hörten und uns viel erzählten.
Am Donnerstagmorgen ging es dann schon wieder zurück. Nach den vielen Erlebnissen waren wir alle etwas erschöpft und freuten uns daher auch auf unser Zuhause.
In der Zwischenzeit kommunizierten wir intensiv mit unseren correspondants und tauschten Fotos von den gemeinsam erlebten Momenten aus. Nur wenige Wochen später, am 12. April, war es dann soweit: Unsere französischen Correspondants kamen zu uns, um ebenfalls gut eine Woche bei uns zu verbringen.
Endlich war der Moment gekommen, auf den wir alle gewartet hatten: Die französischen Austauschschüler:innen machten sich auf den Weg nach Paderborn. Sie saßen in einem kleinen Minibus von Roubaix bis zum Paderborner Maspernplatz und freuten sich auf das Wiedersehen.
Als sie endlich um 15:15 Uhr unser kleines Städtchen erreichten, waren die Französinnen und Franzosen zwar erschöpft, aber die Müdigkeit wich gleich von der Freude über das Wiedersehen mit den deutschen Freund:innen. Jede:r von uns machte sich auf den Weg zu ihrer/seiner Gastfamilie, um das Wochenende gemeinsam zu verbringen.
Schon am Abend der Ankunft hatten wir uns mit ein paar Mitschüler:innen zu einem gemütlichen Spieleabend mit Musik verabredet.
Am Wochenende standen verschiedene Aktivitäten auf dem Programm, von einem Stadionbesuch bei der Partie Paderborn gegen Karlsruhe bis hin zum gemeinsamen Bouldern. Abends trafen wir uns wieder, um zusammen Crêpes zu backen, und anschließend überraschten wir unsere Corres mit einem Besuch im Kino.
Unser persönliches Highlight war jedoch der sonnige Sonntag, an dem wir gemeinsam unseren wöchentlichen Fußballtreff besuchten. Der Platz war voll mit Jugendlichen, aber wir haben es geschafft, uns gegen die Konkurrenz durchzusetzen und das Spiel mit 5:1 zu gewinnen.
Unsere Freund:innen aus Frankreich waren gleich am ersten Schultag von der lebendigen Atmosphäre unseres Schulalltags begeistert. In den Stunden, die sie mit uns verbracht haben, konnten sie miterleben, wie vielfältig unser Unterricht gestaltet ist. Sie waren vor allem beeindruckt von der starken Beteiligung der Schüler:innen.
Zwischen den verschiedenen Unterrichtsstunden wurden die französischen Schüler:innen sehr herzlich im Rathaus empfangen. Die stellvertretende Bürgermeisterin Sabine Kramm erzählte erst etwas über Paderborn und anschließend hatten wir die Möglichkeit, selbst von unseren Erfahrungen zu berichten.
Ein Highlight der Woche war sicherlich die Stadtführung durch Paderborn. Dabei haben unsere Corres nicht nur die Geschichte Paderborns kennengelernt, sondern auch viele interessante Eindrücke gewonnen.
Am nächsten Tag stand ein Besuch im HNF auf dem Programm. Dieses einzigartige Museum zur Computergeschichte begeisterte nicht nur die Schüler:innen, sondern auch unsere Gäste aus Roubaix. Sie hatten die Gelegenheit, die Entwicklung der Technologie selbst zu erkunden, und waren besonders von den neuesten KI-Techniken beeindruckt. Ein schöner Ausgleich zum regnerischen Wetter draußen!
Der Höhepunkt der Woche war die gemeinsame Soirée franco-allemande in unserer Mensa. Jede:r hat zusammen mit seinem*r Correspondant:e etwas Leckeres gekocht und anschließend alle gemeinsam gegessen. Es gab nicht nur köstliche Speisen, sondern auch viele verschiedene Spiele, darunter auch einige aus Frankreich. Bei netter Musik wurde gelacht und gefeiert.
Ein weiteres Highlight war der Ausflug nach Münster, wo wir das Picasso-Museum besuchten und die Stadt auf eigene Faust erkundeten. Die vielseitige Kunst im Museum und die Erkundungstour durch Münster ließen uns eintauchen in die Kultur und Geschichte dieser wundervollen Stadt. Ob Prinzipalmarkt, Dom oder Sankt-Lamberti-Kirche – überall gab es etwas Neues zu entdecken.
Am Freitagmorgen hieß es dann Abschied nehmen. Es war ein trauriger Moment, denn niemand wusste genau, wann und ob wir uns wiedersehen würden. Doch trotz der Ungewissheit über das Wiedersehen waren wir voller Freude über die neuen Freundschaften, die wir geschlossen hatten. Wir standen winkend am Bus, als er sich langsam in Bewegung setzte und unsere Freunde zurück nach Frankreich fuhren. Die Erinnerungen, die wir gemeinsam geschaffen haben, werden uns noch lange begleiten. Wir sind dankbar für diese unvergessliche Zeit!
David Brors und Matti Glöckner