Ein unvergessliches Erlebnis: mein Auslandsaufenthalt in Irland
Ein Auslandsaufenthalt während der Schulzeit: In meinen Ohren klang das aufregend und abenteuerlich. Für einige Wochen den Schulalltag hinter sich lassen und ganz woanders neu anfangen, das Leben der Menschen außerhalb seiner eigenen schützenden Blase, außerhalb des bekannten Umfeldes kennenlernen, wie wäre das? Diese Frage habe ich mir in den letzten Jahren häufig gestellt, aber immer, wenn ich mir dachte, ja das wäre doch etwas für mich, da begannen doch wieder Zweifel an mir zu nagen, ob ich denn auch wirklich den Mut, das Selbstvertrauen und die nötigen Fähigkeiten dazu hätte, mich alleine, in einem fremden Land zurechtfinden und verständigen zu können, dort neue Kontakte zu knüpfen und anders zu lernen, ohne den Anschluss zu Freunden und Schulstoff in Deutschland zu verlieren. Wie schätze ich mich selbst ein und wie sehen das die Lehrer? Bin ich bereit diese Herausforderung anzunehmen?
Mit all diesen Fragen wandte ich mich an Frau Gossen, die hier an der Schule für die Auslandsreisen zuständig ist. Auch sie war der Meinung, dass ein Auslandsaufenthalt viele Chancen bietet. Sie erzählte mir von den Erfahrungen anderer Schüler und beriet mich in den Fragen zu Ablauf und Vorbereitung. Hierzu gab sie mir auch zahlreiche Hefte mit Informationen verschiedenster Organisationen und Programme mit, welche ich zu Hause durchblättern konnte. Bestärkt durch diese Unterstützung - vielen Dank dafür - stand meine Entscheidung schließlich fest und ich bewarb mich bei einer Organisation, die in meinen Augen von den Angeboten her am besten passte und dazu noch verantwortungsbewusst zu sein schien, bot sie doch ein umfassendes Vorbereitungsprogramm und stand auch während der Reise durch einen persönlichen Berater bei Problemen immer zur Seite.
Aufgrund des Brexits konnte mein erster Wunsch, nach England zu reisen, leider nicht erfüllt werden, doch man bot mir die Möglichkeit stattdessen auf das Irland-Programm auszuweichen. So kam es, dass ich schließlich zweieinhalb Monate, Anfang der EF, in Dublin verbringen würde. Das Leben in einer Großstadt, ich war mir sicher, würde aufregend und spannend werden.
Ende August 2021 ging es dann endlich los. Ich hatte vorher schon Informationen über meine Gastfamilie bekommen sowie über meinen sogenannten Guardian - den oben bereits angesprochenen Berater. Flug und Flugzeiten wurden mir ebenfalls bekanntgegeben. So fand ich mich an einem Sonntagmorgen am Frankfurt Flughafen ein. Meine Reise sollte nun beginnen.
In Irland haben die Kinder keine sechs, sondern acht Wochen Sommerferien, weshalb mir noch eine freie Woche vor dem Schulstart blieb. Ich hatte also länger Ferien, als ihr alle. Diese Woche wurde genutzt, um uns eine kleine Orientierung zu geben. Die verschiedenen Guardians, die jeweils für eine Gruppe von Schülern verantwortlich waren, unternahmen Ausflüge mit uns, führten uns durch Dublin und erklärten uns alles, was wir wissen mussten. Ich bin in einer sehr lieben Gastfamilie untergekommen, die sich in meine Gastmutter Michelle, meinen Gastvater Graham und ihre zwei Kinder Daisy (9 Jahre) und Steven (18 Jahre) unterteilte. Ein Zimmer teilte ich mir mit Alba, einer spanischen Austauschschülerin, mit der ich mich auch sehr gut verstand. Michelle führte mich im kleinen Vorort herum, erklärte mir, wie ich zu meiner Schule gelangte und wo sich der Bahnhof befand. Ersten Anschluss fand ich durch Daisy und ihre Freunde. Es gab da nur zwei kleine Probleme: Problem 1: Paderborn ist ja nun mal eine recht kleine Stadt - was beinahe untertrieben ist vergleicht man es einmal mit Dublin - so musste ich schnell feststellen, dass sich verlaufen in den ersten Tagen an der Tagesordnung und Google Maps ein ständiger, treuer Begleiter war. Problem Nr. 2 stellte die Tatsache dar, dass Irland ein Linksverkehr-Land ist, man also permanent umdenken muss. Der irische Akzent war kein allzu großes Hindernis für mich, solange mein Gegenüber wusste, dass ich nicht aus Irland stammte.
In der ersten Woche fand ich auch bereits erste Freunde verschiedener Nationen, wozu vor allem Italien aber auch Deutschland gehörten. Die Schule beginnt in Irland meist erst um 8:40 Uhr, was ich deutlich entspannter empfinde, als in Deutschland. An den meisten Tagen hat man 6 Stunden (eine Schulstunde = 60 Minuten) bis nach drei Uhr Unterricht, ein Tag in der Woche ist kürzer, nur bis 13 Uhr, bei mir der Mittwoch. Mir fiel auf, dass das irische Schulsystem langsamer arbeitet, als das deutsche, einzig Englisch war natürlich eine kleine, aber meisterbare Herausforderung. Ich wurde ins 5. Jahr eingestuft, was in Deutschland in etwa der Q1 entspricht. Da ich meist nicht viele Hausaufgaben bekam, hatte ich recht viel Freizeit, welche ich mit Freunden oft in der Stadt verbrachte und neue Plätze entdeckte.
An Wochenenden unternahmen wir auch größere Ausflüge in andere Vororte, sind gewandert, oder haben die berühmten Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt besucht. Ich muss sagen, dass ich großes Glück mit dem Wetter hatte, es war meistens sonnig oder bewölkt, aber trocken, sodass wir die ganze Schönheit von Irlands Landschaft genießen konnten. Irlands Natur ist wundervoll, vor allem die sog. Cliffwalks kann ich sehr empfehlen. Und nach einiger Zeit konnte ich mich auch deutlich besser zurechtfinden und kannte meine Wege. Auch irische Freunde habe ich einige gefunden, wobei sich dies als etwas schwieriger gestaltete, da obwohl ich wirklich überrascht von der Offenheit und Warmherzigkeit der Menschen dort war, Jugendliche doch teilweise etwas schüchtern sein können. Ich muss auch sagen, dass ich in meiner Gastfamilie wirklich nicht viele Regeln zu beachten hatte, was nicht selbstverständlich ist, mir aber natürlich mehr Freiheit verschaffte.
Nun noch einige Tipps und Besonderheiten:
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Also, man sollte beachten, dass das irische Leben recht einfach ist, die Häuser sind meist eher klein und oft recht hellhörig. Gerade diese Einfachheit sprach mich aber besonders an, denn sie ist so anders, als die deutsche doch recht strenge Lebensweise, viel entspannter und lockerer.
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Einen Haken hat die Sache aber dann doch. Das Wetter ist in Irland meist etwas rauer, als in Deutschland, das Meer bringt Wind und dieser macht es kalt. Ein Beispiel: Wenn es in Deutschland 12 Grad sind, wie fühlt sich das an? Wie 12 Grad, nicht? Nun, in Irland kann sich das auch schnell mal wie 7/8 Grad anfühlen. Viele der Häuser und vor allem die Schulen sind aber nicht so gut beheizt und gedämmt, weshalb ich in meiner Schuluniform oft frieren musste. Michelle hat dann zu Hause aber zum Glück meist die Heizung angemacht, wenn ich nach der Schule wie die Schneekönigin persönlich ausgesehen habe. Die Sache ist nur die… es ist entweder total heiß mit Heizung, oder eiskalt ohne, suche aus…
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Als nächstes möchte ich jedem verbieten, jemanden als „deutsche Kartoffel“ zu bezeichnen! Nein kleiner Scherz, ich weiß, wir konsumieren auch nicht wenig davon, aber ist man einmal in Irland gewesen, bekommt „Konsumieren“ noch einmal eine ganz andere Bedeutung.
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Feuerwerke sind in der Republik zwar nicht erlaubt, aber dennoch an der Tagesordnung. Einmal aus Nordirland importiert, ist Kontrolle zwecklos. Vor allem an Halloween fühlt es sich an wie an Silvester.
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Denke daran, dich beim Aussteigen aus dem Bus beim Fahrer, oder an der Kasse nach dem Bezahlen immer zu bedanken. Das ist höflich und wird gerne gesehen. Eine Geste, die ich als Wertschätzung auch in Deutschland gerne einführen würde, denn es ist nicht selbstverständlich, dass immer jemand da ist, der dafür sorgt, dass dein Kühlschrank voll ist, oder dich von A nach B transportiert.
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Bei längerem Aufenthalt ist eine „Leap Card“ für den public transport zu empfehlen, diese ist auf Dauer günstiger, als die Tickets und einfacher zu handhaben. Sie kann an jeder Station aufgeladen werden.
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Schwarzfahren kostet in Irland 500 Euro, lass dich also nicht erwischen, oder mache es am besten einfach gar nicht. Überhaupt sollte man sich an alle Regeln, sowohl Gesetzliche, als auch von der Organisation Gestellte halten.
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In Orten, wohin der normale „Dart“-Zug nicht mehr fährt, solltest du nicht bis zu spät abends verweilen, denn die Fernzüge fahren in abgelegenen Orten abends nach 20 Uhr oft nur noch sehr selten und das Bussystem in Dublin gestaltet sich als sehr verwirrend. Ich musste einmal eineinhalb Stunden auf den nächsten Zug warten.
Dann aber wurde mein Aufenthalt doch etwas abenteuerlicher als gedacht: Corona erwischte meine Gastfamilie und es gab leider in diesem Zusammenhang auch einen Schicksalsschlag in der Familie, was sehr traurig war. Doch zum Glück konnte ich auch die schwierigen Momente mit lieben Menschen teilen und bewältigen.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich unglaublich glücklich schätzen kann, diesen Auslandsaufenthalt in Irland erlebt zu haben, ich habe viel dazugelernt, ich bin unabhängiger und vorausschauender geworden und habe mein Englisch deutlich verbessert. Ich lernte ebenfalls, dass nichts selbstverständlich ist und man sich mit dem, was man hat, immer glücklich schätzen sollte. Ich würde so eine Reise jedem empfehlen, der sich für andere Länder und Kulturen interessiert und gerne Neues entdeckt. Es ist eine Herausforderung, aber eine, die sich mehr als lohnt.
Dalia Nasef (EF)