Zusammen an der ehemaligen Grenze – Berlin-Ipswich-Projekt zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls
Anlässlich des 30-jährigen Mauerfalls durften 20 Schülerinnen und Schüler der EF und Q1, in Begleitung von Frau Löbke und Frau Korona, nach Berlin reisen, um dort zusammen mit englischen Schülerinnen und Schülern unserer Partnerschule, des St. Joseph´s Colleges in Ipswich, verschiedene Orte zu erkunden, die mit diesem historischen Ereignis in Verbindung stehen.
Am Donnerstag, den 07.11.2019, fuhren alle am Projekt Beteiligten nach der fünften Stunde zusammen vom Hauptbahnhof aus los. Vorher allerdings war man zunächst verwunderten Blicken und dem Getuschel der Mitschüler ausgesetzt: „Was geht denn hier ab?“, fragten sich einige zurecht und auch der ein oder andere Lehrer erwähnte beim Anblick unserer Koffer ganz beiläufig, wie gern er doch jetzt auch in den Urlaub fahren würde. Die Fahrt verlief, trotz der überfüllten Züge, nahezu reibungslos – abgesehen von einem äußerst unverschämten Mann, der die Sitzplatzbelegung verzögerte, da er der festen Überzeugung war, dass unsere Reservierungen für den Platz, auf dem er saß, nicht gültig seien. Nachdem selbst Frau Löbke und Frau Korona bei dieser Dreistigkeit nicht mehr weiterwussten, musste schließlich das Service-Personal das „Problem“ beheben, sodass wir ohne weitere Zwischenfälle am späten Nachmittag in Berlin ankamen. Dort wurden wir direkt von der typischen „Großstadtatmosphäre“ in Empfang genommen: Menschenmassen, die zu den Zügen hetzten, voll besetzte S-Bahnen und viel Verkehr. Unsere Endstation, der Ostbahnhof, lag nur wenige Meter vom Meininger East Side Gallery Hotel entfernt. Dort trafen wir zwar noch keinen der englischen Gastschüler, die bereits am Tag zuvor angereist waren, jedoch durften wir nun erst einmal unsere Zimmer belegen, die mit allem Erdenklichen ausgestattet waren.
Beim Abendessen wurden vorsichtige Mutmaßungen angestellt, wer von den anderen Hotelgästen wohl aus Ipswich käme. Zugegebenermaßen war die Kontaktaufnahme zwischen den deutschen und englischen Schülerinnen und Schülern an diesem Abend noch eher spärlich: Man blieb lieber vorerst in seinem gewohnten Umfeld und wartete ab, wie sich das Verhältnis am folgenden Tag entwickeln würde. Nach dem Essen zogen wir in Kleingruppen los, um Berlin im Dunkeln zu erkunden. Unsere Gruppe beispielsweise setzte sich nahezu planlos in eine der S-Bahnen und fuhr zum Reichstag, wo wir ein wenig an der Spree spazieren gingen. Um 22:00 Uhr kamen wir wohlbehalten wieder am Hotel an und ließen uns auch bald in die Be tten fallen, müde von der Anreise und mit freudigen Erwartungen auf den nächsten Tag.
Dieser startete um 8:00 Uhr mit einem ausgewogenen Frühstücksbuffet und zwei Vorträgen, die wir zu den jeweiligen Sehenswürdigkeiten vorbereitet hatten. Schließlich brachen wir zum Checkpoint Charlie, einem der Grenzübergänge zwischen Ost- und Westberlin, auf. Dabei vergaßen wir unglücklicherweise eine der englischen Schülerinnen am Hotel, die jedoch bei der nächsten S-Bahn-Station zu uns aufschließen konnte. Während also wir deutschen Schülerinnen und Schül er, dick eingepackt in Winterjacke, Schal und Mütze, erleichtert das beheizte Checkpoint Charlie Museum betraten, liefen einige Engländer lediglich mit einem Pullover bekleidet bei einstelligen Temperaturen draußen umher. Nach einem halbstündigen Aufenthalt in dem kleinen, aber sehr informativen, Museum ging es für uns bereits zum nächsten Ziel, dem Mauermuseum, welches sich direkt gegenüber vom Checkpoint Charlie befindet. Über mehrere Etagen verteilt, erschlugen uns förmlich die Informationen zur Geschichte der Berliner Mauer; besonders fesselnd wurden die Fluchten aus der DDR beschrieben.
Allerdings entschieden die Lehrer schon bald, zum nächsten Programmpunkt überzugehen, da noch einige Sehenswürdigkeiten auf unserer Liste für den heutigen Tag standen. Unser dritter Zwischenstopp war die Gedenkstätte der Berliner Mauer. (Wir verloren leider erneut einen der Engländer, jedoch waren wir schlussendlich wieder vollzählig.) Danach erhielten wir eine kurze Führung entlang der East Side Gallery, dem längsten und bekanntesten erhaltenen Rest der Berliner Mauer, auf dem Künstler aus aller Welt ihre Gedanken und Assoziationen zum Mauerfall verewigten. Eigentlich war noch ein Besuch des Brandenburger Tors geplant, aber ein Großteil der Engländer war sehr „exhausted“ und so wurde es jedem freigestellt, ob man den letzten Programmpunkt auch noch wahrnehmen wollte. Diejenigen, die sich dazu entschlossen, wurden mit einer unbeschreiblichen Atmosphäre belohnt: Menschenmassen tummelten sich vor der Bühne, auf der am Tag darauf das 30-jährige Jubiläum zum Mauerfall zelebriert werden sollte und das Brandenburger Tor selbst wurde von riesigen Scheinwerfern angestrahlt, die bis in den Nachthimmel leuchteten. Außerdem ist zu erwähnen, dass nun die ersten Kontakte mit den Engländern geschlossen wurden. Es gab viel zu lachen und es fühlte sich so an, als ob man sich schon seit längerer Zeit kannte.
Am Samstag erkundeten wir das ehemalige Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen, wo besonders die Führung durch den Zeitzeugen Hans Schulz in Erinnerung bleiben wird. Gemeinsam erfuhren wir einiges über das Alltagsleben der Gefangenen und die Folgen, die ein solcher Aufenthalt a uf das Leben hatte. Hans Schulz schilderte nicht nur eindrucksvoll die unmenschlichen Haftbedingungen und den Alltag, sondern erzählte auch seine eigene spannende und bewegende Geschichte. Getäuscht von einer Top-Agentin der Stasi, wurde er für 13 Monate in Hohenschönhausen inhaftiert. Über seine Erlebnisse wurde schon ausführlich in den Medien berichtet und diese werden voraussichtlich sogar noch verfilmt werden.
Darauffolgend hatten alle Schülerinnen und Schüler Zeit, sich in Kleingruppen weitere Teile Berlins anzusehen. Anschließend trafen sich alle abends wieder, um an einer Führung im Reichstag teilzunehmen. Hierfür musste jeder einzelne Besucher durch eine Sicherheitskontrolle gehen, um das Gelände des Reichstags betreten zu dürfen. Diesen Vorgang könnte man mit einer Personenkontrolle am Flughafen vergleichen. Das Highlight der Führung war die beeindruckende Aussicht von der Kuppel des Reichstags auf das Brandenburger Tor, welches aufgrund des 30-jährigen Jubiläums zum Mauerfall beleuchtet und von feiernden Menschen umringt war. Schließlich hieß es: Abschied nehmen, da die Engländer um 4:00 Uhr in der Früh das Hotel verlassen und zum Flughafen aufbrechen mussten.
Am 10.11. mussten auch wir Berlin leider wieder verlassen und reisten, diesmal ohne erwähnenswerte Zwischenfälle, zurück nach Paderborn. In diesen drei Tagen wurden zwischen den deutschen und englischen Schülerinnen und Schülern viele Kontakte geknüpft, die symbolisch doch auf gewisse Art und Weise zeigen, dass trotz oder gerade aufgrund von Grenzen, internationaler Zusammenhalt heute wichtiger ist denn je.
An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei den involvierten Lehrerinnen Frau Löbke und Frau Korona bedanken, die das Projekt organisiert und überhaupt erst möglich gemacht haben.
Anna-Malin Lohmann (EF)
Johanna Weinert (EF)